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Kiliani-Wallfahrtswoche 2022

Das Leben neu wagen

Generalvikar Dr. Jürgen Vorndran feiert in Vertretung von Bischof Dr. Franz Jung Kiliani-Gottesdienst mit Menschen, die um einen Verstorbenen trauern – Bischof kritisiert in seiner Predigt Besuchsverbot für Angehörige in der Coronapandemie

Würzburg (POW) Zwei rote Klappstühle stehen vor dem Altar. Sie sind verbunden durch ein Seil, an dem ein rotes Herz hängt. Auf dem einen Stuhl sitzt ein Mann – der andere ist leer. „Es war lange Zeit unsere gemeinsame Zeit. Am Nachmittag gemütlich eine Tasse Kaffee miteinander trinken“, erzählt eine Stimme. „Jetzt ist alles anders. Du bist nicht mehr da. Dein Platz ist und bleibt leer.“ Mit einem Impuls, vorgetragen von der Trauerpastoral des Bistums Würzburg, begann am Donnerstagnachmittag, 7. Juli, der Gottesdienst für alle, die um einen geliebten Menschen trauern. Rund 200 Frauen und Männer waren in der Kiliani-Wallfahrtswoche in den Würzburger Kiliansdom gekommen. Der Internetstream wurde mehr als 700 Mal aufgerufen. Erstmals gab es in der Kiliani-Woche diese besondere Feier für Menschen, die um eine oder einen Verstorbenen trauern. Generalvikar Dr. Jürgen Vorndran feierte die Messe in Vertretung des erkrankten Bischofs Dr. Franz Jung und verlas dessen Predigt.

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„Jeder Mensch trauert anders, weil auch jeder Tod anders ist. Immer geht es um das Herz und sein Empfinden in der Trauer“, hieß es in der Predigt. Die Trauer kenne verschiedene Phasen. Ganz gleich, ob der Tod des geliebten Menschen absehbar war oder plötzlich und unvorhergesehen eintrat: Das Gefühl der Endgültigkeit und der Unwiederbringlichkeit könne man erst beim Eintritt des Todes ermessen und fühlen. Oftmals seien nach dem Tod so viele Dinge zu erledigen, dass man zunächst schlicht keine Zeit für das eigene Herz habe. „Erst nach der Beisetzung, die die endgültige Trennung markiert, kommt die Zeit, den Verlust im Herzen zu fühlen.“ Da sei zum einen das Bedürfnis, allein sein zu wollen, um den Verlust zu ermessen. Der leere Platz, Kleidungsstücke oder Briefe riefen die Erinnerung an den Verstorbenen wach. Dann wieder habe man das Bedürfnis, sich auszusprechen und die eigene Trauer in Worte zu fassen, sich darüber auszutauschen, was einem am Verstorbenen wertvoll war. „Das Gefühl der Dankbarkeit für das Gute, was man miteinander teilen konnte, und das das Herz erfüllt.“

Aber es gebe auch das Unerledigte – Missverständnisse, die nicht ausgeräumt wurden, oder die eigenen unerfüllten Wünsche und Sehnsüchte, Verletzungen und Zorn, mit denen man jetzt definitiv allein bleibe. „In Coronazeiten zudem oft die Unmöglichkeit, persönlich Abschied zu nehmen, weil einem der Zutritt verwehrt war und der Lebenspartner oder Angehörige allein verstorben ist und die Trauer darüber, aber auch die Selbstvorwürfe und die Ohnmacht, die einem dadurch zugemutet werden“, schreibt Bischof Jung. Dazu komme der Zorn auf Gott, der einem den Partner genommen habe und diesen Schmerz zumute. Angesichts dieser „Achterbahn der Gefühle“ sei es gut zu wissen, dass der Glaube nicht einfach alle Probleme löse und die Trauer auch nicht einfach wegnehme. Der auferstandene Christus werde vielmehr an seinen bleibenden Verwundungen erkannt, die aber ihre todbringende Kraft verloren hätten, weil sie angenommen wurden. „Weil sie zum Leben gehören, muss man sie nicht mehr verdrängen oder schönreden. Weil sie zum Leben gehören, können wir sie mit diesem Christus annehmen.“

Indem Christus mit den Emmausjüngern das Brot breche, werde das alte Leben aufgebrochen und man könne sich in die Hände des Herrn geben, erklärte der Bischof in seiner Predigt. „In diesem neuen Leben darf ich den oder die Verstorbene freigeben und loslassen, ohne mich an sie zu klammern. Ich darf sie mit mir tragen und für sie beten und sie um ihre Fürbitte anrufen. Aus dem Wissen, dass ein anderer sie hält und bei sich birgt, kann ich anfangen, mein Leben neu zu sortieren.“ Die Predigt endete mit der Bitte um ein „hörendes, ein brennendes Herz, in dem das Feuer der göttlichen Liebe nicht erlischt, sondern durch die Erfahrung des Todes hineinleuchtet in das ewige Leben“.

Zum Ende der Feier trat erneut der Mann an die Klappstühle. Diesmal hatte er eine rote Rose in der Hand, die er auf dem leeren Stuhl ablegte. In einer Meditation hieß es dazu: „Mögest Du spüren, dass die Toten deines Lebens dich weiterhin liebevoll begleiten und dass nichts von dem, was ihr Leben ausgemacht hat, vergebens war oder verloren geht. Mögest du glaubend ahnen, dass alle Menschen, die deine Gegenwart verließen, in der lebenden Wirklichkeit Gottes aufgehoben sind.“ Der Text endete mit der Ermunterung, das Leben – begleitet von der Liebe Gottes – neu zu wagen.

Nach dem Gottesdienst konnten sich die Gläubigen vom Generalvikar sowie Seelsorgerinnen und Seelsorgern einzeln segnen lassen. Liedermacherin Stefanie Schwab begleitete die Feier mit einfühlsamen Liedern. Im Anschluss nahmen viele die Möglichkeit zum Austausch auf dem Vorplatz des Burkardushauses wahr.

sti (POW)

(2822/0825; E-Mail voraus)

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