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Die „Himmelsleiter“ vom Dachboden

Sonderausstellung „400 Jahre Wallfahrtskirche Maria im Sand Dettelbach“ – Begleitprogramm mit Vorträgen und Kirchenführungen – Geschichten von Wundern und von Entrümpelungen

Dettelbach (POW) Jakob liegt träumend am Fuß einer Leiter. Über ihm steigen geflügelte Engel bis zum Himmel empor, wo Gottvater sich aus den aufbrechenden Wolken beugt. Wenn man genauer hinsieht, entdeckt man feine Risse, die das Bild der Länge nach durchziehen – eine Holztafel diente dem Nürnberger Maler Andreas Herrneisen im Jahr 1581 als Leinwand. Die Farben scheinen nichts von ihrer Leuchtkraft verloren zu haben. Doch um ein Haar wäre das Bild auf dem Sperrmüll gelandet. „Auf dem Dachboden des Franziskanerklosters stand ein alter Schrank“, beginnt Barbara Dill, Leiterin des KuK.Dettelbach und der Touristinformation, zu erzählen. „Der damalige Pfarrer hat gerne entrümpelt und wollte den Schrank zum Sperrmüll fahren. Und dann hat er an der Innenseite dieses Bild entdeckt.“ Es war in die Rückwand des Schranks verbaut worden.

Viele Stücke in der Sonderausstellung „400 Jahre Wallfahrtskirche Maria im Sand Dettelbach“ im Museum „Pilger & Wallfahrer“ in Dettelbach können besondere Geschichten erzählen. Geschichten von Wundern, den sogenannten Mirakeln, waren es auch, die zur Entstehung der Wallfahrt führten. Das erste Mirakel wiederfuhr dem Arbeiter Nikolaus Lemmer. Dieser geriet im Jahr 1504 bei einem Kirchweihbesuch in eine Messerstecherei und war fortan bettlägerig. Doch nachdem er eine Kerze in den Weinberg bei Dettelbach gebracht hatte, in dem damals ein Bildstock mit dem Dettelbacher Gnadenbild stand, wurde er wieder gesund. Die Geschichte von der wundersamen Heilung sprach sich herum. Die Menschen begannen, nach Dettelbach zu pilgern. Bereits 1505 wurde zunächst eine hölzerne Kapelle über dem Bildstock errichtet, zwei Jahre später wurde ein steinernes Gotteshaus geweiht.

Im Mirakelbuch des Würzburger Weihbischofs Eucharius Sang, einer Dauerleihgabe aus dem Franziskanerkloster Dettelbach, das auch der größte Leihgeber der Sonderausstellung ist, sind 47 Wunder dokumentiert, die sich in Dettelbach zugetragen haben sollen. Allerdings konnten in früheren Zeiten nur wenige Menschen lesen. „Deswegen ließ man Mirakelbilder malen, um von den Wundern zu berichten“, erklärt Dill. Ein Bild zeigt etwa die Rettung eines Kindes, das in einen Brunnen gefallen war. „Unten wird die Szene dargestellt, oben in der Ecke ist immer das Dettelbacher Gnadenbild abgebildet“, erläutert sie den Aufbau der Bilder, die von unbekannten Künstlern als Auftragsarbeiten gemalt wurden. In der Wallfahrtskirche „Maria im Sand“ sind 25 solcher Mirakelbilder zu sehen.

Dann kam die Reformation. „Damals waren schon rund 70 Wunder in Dettelbach bekannt“, sagt Pater Richard Heßdörfer, Guardian des Franziskanerklosters in Dettelbach und Rektor der Wallfahrtskirche. „Trotzdem war die Wallfahrt eingeschlafen, denn Dettelbach war evangelisch geworden.“ Fürstbischof Julius Echter von Mespelbrunn (1545-1617) war es, der die Dettelbacher Wallfahrt zu einer neuen Blüte führte. Er ließ die Wallfahrtskirche um ein Haupt- und zwei Querschiffe auf die heutige Größe erweitern und zugleich das Franziskanerkloster bauen. Zur Weihe der Kirche am 8. September 1613 strömten 3000 Menschen nach Dettelbach. „Rund um die Wallfahrtskirche wurde ein Zeltlager aufgebaut, und es soll eine Schlacht um das Kuchenbüffet gegeben haben“, erzählt Dill.

Im Laufe der Jahrhunderte wurde die Wallfahrtskirche mehrfach umgestaltet und an den jeweils vorherrschenden Zeitgeschmack angepasst. „Das ist das Schicksal einer stark besuchten Wallfahrtskirche“, sagt Dr. Wolfgang Schneider, stellvertretender Leiter des Kunstreferats der Diözese Würzburg. Er hat das Ausstellungskonzept entworfen, in Zusammenarbeit mit dem Franziskanerkloster die Exponate ausgewählt und die Ausstellung gemeinsam mit dem freischaffenden Kunsthistoriker Dr. Patrick Melber realisiert. „Das Kloster ist die Hauptquelle für die Ausstellung“, so Schneider. Zu den vielen Leihgaben gehören unter anderem Zeichnungen von Altarentwürfen aus dem späten 19. Jahrhundert, eine Muttergottesfigur von Michael Kern (um 1620), der auch die beeindruckende Kanzel „Wurzel Jesse“ in der Wallfahrtskirche schuf, und mehrere Ölgemälde von Bischof Julius Echter. Aus der Wallfahrtskirche wurden der barocke Messkelch und die prachtvolle Monstranz entliehen.

Die Ausstellung sei eine gute Ergänzung zum Kirchweihfest, sagt Pater Heßdörfer. Die Marienwallfahrt blüht aber auch ohne Jubiläen. Etwa 15.000 Wallfahrer ziehen jährlich zum Gnadenbild der Muttergottes von Dettelbach. Die Homepage des Franziskanerklosters listet rund 70 „offizielle“ Wallfahrten auf, dazu kommen einige Pfarrwallfahrten und manch andere Gruppen. In früheren Zeiten sei der Glaube eine Selbstverständlichkeit gewesen, erklärt Pater Heßdörfer. „Aber der moderne Mensch glaubt nicht mehr so leicht. Dabei ist die Situation des Menschen heute nicht anders. Viele stellen sich die Frage, was ihnen im Leid hilft und ob Gott derjenige ist, der mir eine Perspektive gibt.“ Hier liege eine Stärke der Wallfahrt. „Dass viele Leute hierher kommen, stärkt den Glauben, weil Menschen über ihr Leben nachdenklich werden. Der Mensch sieht: Ich bin nicht allein mit meinen Sorgen und Nöten. Viele Menschen haben in Dettelbach die hilfreiche Nähe Gottes erfahren.“

In früheren Jahrhunderten jedoch scheuten die Menschen weder Mühe noch Kosten, um dem Glauben einen würdigen Rahmen zu geben. Das zeigt auch eine besondere Kostbarkeit, die am Ende des Ausstellungsrundgangs zu sehen ist: Dicke schwarze Tücher schützen jahrhundertealte Messbücher vor dem Licht. Sie stammen aus der Klosterbibliothek und werden erstmals in der Öffentlichkeit gezeigt. Dill klappt eines der Tücher beiseite. Darunter liegt das „Missa speciale“ aus dem Jahr 1495. Dieses Spezial-Messbuch wurde nur an kirchlichen Hochfesten benutzt. Die linke Seite des aufgeschlagenen Buchs zeigt eine detailreiche Kreuzigungsszene, deren Farben nach über 500 Jahren immer noch strahlen wie frisch aufgetragen. Der Text auf der rechten Seite wirkt so gleichmäßig, als wäre jeder Buchstabe gedruckt – doch Dettelbacher Mönche schrieben ihn einst mit der Hand. „Ein Bild ist schöner als das andere“, sagt Dill. „Wir konnten uns kaum entscheiden, welches wir zeigen wollen.“

Die Sonderausstellung „400 Jahre Wallfahrtskirche Maria im Sand Dettelbach“ ist bis 27. Oktober zu sehen: montags bis samstags von 10 bis 13 Uhr und von 14 bis 17 Uhr, sonntags und feiertags von 13 bis 17 Uhr. Führungen werden im September und Oktober jeweils freitags um 18 Uhr angeboten, Gruppen können auch Führungen außerhalb der Öffnungszeiten vereinbaren. Informationen beim KuK.Dettelbach, Telefon 09324/3560, E-Mail tourismus@dettelbach.de, Internet www.dettelbach.de.

Begleitprogramm zur Sonderausstellung:

Donnerstag, 15. August (Maria Himmelfahrt): Vortrag „Maria hilf, es ist Zeit“ von Dr. Reinhard Worschech, 19.30 Uhr, Wallfahrtskirche „Maria im Sand“.

Samstag, 31. August: Gepredigte Kirchenführung „Die Botschaft der Wallfahrtskirche“ von und mit Pater Richard Heßdörfer, 20 Uhr, Wallfahrtskirche „Maria im Sand“.

Samstag/Sonntag, 14./15. September: Kunsthandwerkermarkt „Unikat sucht Liebhaber“, Altstadt Dettelbach, Marktplatz, Informationen unter www.unikat-sucht-liebhaber.de.

Sonntag, 15. September: Festgottesdienst mit Bischof Dr. Friedhelm Hofmann, 10.45 Uhr, Wallfahrtskirche „Maria im Sand“.

Samstag, 5. Oktober: Vortrag und Disput „Die Mirakelbilder in der Wallfahrtskirche“ mit Dr. Hans Bauer, Pater Richard Heßdörfer und Dr. Reinhard Worschech, 20 Uhr, KuK. Dettelbach.

Donnerstag, 24. Oktober: Vortrag „Schritt für Schritt – Der Pilgerweg im Alltag“ mit Dr. Friedrich Aßländer, 19 Uhr, Kunstmuseum „Pilger & Wallfahrer“ im KuK. Dettelbach.

Samstag, 26. Oktober: Museumsnacht in Dettelbach, 18 bis 22 Uhr, Kunstmuseum „Pilger & Wallfahrer“, Heimatmuseum Hauslau im Kirchnerhaus, Handwerkermuseum im Faltertor.

Samstag, 26. Oktober: Vortrag „Das Dettelbacher Gnadenbild“ mit Dr. Wolfgang Schneider, stellvertretender Kunstreferent der Diözese Würzburg, 19 Uhr, KuK. Dettelbach.

sti (POW)

(3313/0842; E-Mail voraus)

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