Liebe Schwestern und Brüder!
Am Gründonnerstagabend betreten wir mit Jesus den Abendmahlssaal. Wir erinnern an und feiern die Liebesgeschichte Gottes mit uns Menschen. Wir holen ein Stück Reich Gottes in unsere Wirklichkeit. Wir bekommen eine Ahnung von dem, was es heißt für unser Leben, wenn Gottesherrschaft zum Zuge kommt.
Gott lässt sein Volk nicht untergehen. Das hören die Jünger damals und wir heute. Er holt sein Volk heraus aus der Fremde, der Fremdherrschaft Ägyptens. Er führt es in ihr, in sein Land, nach Hause. Er versammelt Menschen unterschiedlichster Couleur, damals und heute, an einem Tisch. Er holt sie heraus aus ihren Alleingängen und ihrer Einsamkeit. Er führt zusammen, zur Gemeinschaft. Sie haben und sind Communio. Skizzenhaft können wir sehen, was es heißt, wenn Gottes Liebe vorherrscht.
In der Pfarrkirche Sankt Jakobus zu Miltenberg gibt es ein Altarbild der Gegenwartskunst. Im geschlossenen Zustand während der Advents- und Fastenzeit endet das Bild im Reich Gottes. Ist es geöffnet, zeigt es die Geschichte von Petrus, Jakobus und Johannes. Auch hier endet das Bild im Reich Gottes im Blick auf die Frage nach den Sitzplätzen am Tisch in Gottes Reich. Das Reich Gottes ist nur als Skizze dargestellt. Es ist ein Kommen und Gehen. Mitten im Raum steht ein großer Tisch, am Kopfende zwei leere Stühle, zwischen ihnen ein Leerraum, kein mittlerer Stuhl. Einfach ein Freiraum. Diese Stühle verweisen auf die Zebedäussöhne mit ihrer Bitte: „Lass in deinem Reich einen von uns rechts und den andern links neben dir sitzen!“ (Mk 10,37)
Bei einer Kirchenführung mit Kindern habe ich einmal gefragt, wo denn dann Jesus auf diesem Bild zu suchen ist. Ich hatte damals keine Antwort erwartet. Doch ein Kind meinte: Der sitzt auf dem Boden. Ich will nicht leugnen, ich war erstaunt. Jesus sitzt zwischen allen Stühlen am Boden.
Dann sind wir wieder am Abendmahlssaal damals und heute. Wir hören das Evangelium, dass sich der Herr auf den Boden kniet und den Seinen die Füße wäscht. Er legt ihnen ans Herz: „Ich habe euch ein Beispiel gegeben, damit auch ihr so handelt, wie ich an euch gehandelt habe“ (Joh 13,15). Nur im einander Dienen bricht Gottes Herrschaft an, wird Liebe greifbar und erfahrbar. Der Dienst an den Menschen wird zum Sakrament, zum Heilmittel, wo unsere große und kleine Welt gespalten und zerrissen ist. „Nur eine dienende Kirche dient der Welt“ (Peter Kohlgraf). Das gilt für die Kirche im Großen einer Welt- und Bistumskirche, wie für die Kirche im Kleinen von Gemeinde und Familie.
Wo Liebe gelebt wird entsteht Gemeinschaft, zu Hause, wird das Reich Gottes, der Himmel, ein Stück erfahrbar. Unser alltägliches Leben in der großen wie kleinen Welt ist oft eine Gemeinschaft auf Kosten anderer. Wir beuten und nutzen aus. Liebe hat aber ihren Preis. Es ist der Preis der Hingabe, wir dürfen auch Opfer sagen. Jesus geht sogar mit seinem Leben in die Selbstaufgabe. Er gibt sich uns in Brot und Wein, damit wir gestärkt werden für den Dienst an der Welt. Jesu Handeln wandelt die Welt. Er möchte uns, die wir seinen Namen tragen, in jeder Feier der Heiligen Messe wandeln und uns Kraft geben.
Er schenkt sich uns in seinem Fleisch und Blut, damit wir an der Wandlung der Welt mitwirken und alle Welt spürt, dass sie von Gott geliebt ist bis in die Vollendung, bis in die Ewigkeit hinein. Amen.