Schweinfurt (POW) „Wie geht es Ihnen?“ Freundlich lächelnd beugt sich Bischof Dr. Franz Jung über die zierliche, alte Frau, die in eine bunte Decke gehüllt in einer Art gepolstertem Liegestuhl im Andachtsraum liegt, und nimmt ihre rechte Hand. Sie ist Patientin auf der Palliativstation des Krankenhauses Sankt Josef in Schweinfurt. Heute fühlt sie sich fit genug, um an der Andacht teilzunehmen. Leise unterhält sie sich mit dem Bischof, dann streicht sie ihm mit der linken Hand sachte über den Arm. Im Rahmen der Kiliani-Wallfahrtswoche ist Bischof Jung am Mittwoch, 9. Juli, zu Gast in der Palliativstation, besucht Patientinnen und Patienten und feiert eine Andacht mit Personal und Angehörigen.
Den ganzen Tag schon sei bei den Patientinnen und Patienten eine „freudige Erwartung“ spürbar, sagt Judith Dümler, Gemeindereferentin am Krankenhaus Sankt Josef mit Schwerpunkt Palliativstation. Sie geht mit dem Bischof noch einmal kurz den Ablauf durch, bevor sie ihn hinauf in den Andachtsraum bringt. Dort haben sich bereits knapp 30 Menschen versammelt – Pflegepersonal, aber auch Angehörige und eine Patientin. „Wir freuen uns, dass Sie da sind. Es ist uns eine große Ehre“, begrüßt Stationsleiter Ralf Holzinger den Bischof.
Er habe früher immer gerne als Seelsorger die Palliativstation der Diakonissen in Speyer besucht, erzählt der Bischof. Es gebe keinen besseren Ort für das diesjährige Wallfahrtsmotto „Pilger der Hoffnung“. Paulus habe gesagt, dass die Hoffnung in Jesus Christus über den Tod hinaus trage, sagt Bischof Jung in seiner Ansprache. „Es gibt die kleinen Hoffnungen unseres Lebens und es gibt die großen Hoffnungen. Viele der kleinen Hoffnungen verändern sich im Laufe des Lebens oder wir müssen sie aufgeben, weil es anders kommt als gewünscht oder erwartet. Aber die große Hoffnung bleibt, dass am Ende alles gut wird. Man sagt, die Hoffnung stirbt zuletzt. Aber für uns Christen stirbt sie nie.“
Das Leben auf der Palliativstation sei ein Auf und Ab, ein Wechsel von Gelassenheit und Verbitterung, Stärke und Hilflosigkeit, Angst und Zuversicht. „Es ist die große Kunst, das, was wir empfangen haben, wieder in die Hände des Schöpfers zu geben, in der Hoffnung, sich mit dem eigenen Lebensweg zu versöhnen.“ Er habe selbst mehrfach erleben dürfen, wie Menschen ihren Frieden schließen konnten. Am Ende des Lebens seien drei Dinge wichtig, sagt Bischof Jung: „Zeit, Zuwendung und Zärtlichkeit.“ Es gehe darum, an der Hand eines Menschen zu sterben, zu wissen, dass man diesen Weg nicht alleine gehe: „Sich jemanden zuwenden, ihn auffangen und begleiten, wie Sie das Tag für Tag tun.“ Am Ende der Andacht segnet der Bischof alle, die auf der Palliativstation arbeiten oder hier betreut werden. Dümler lässt eine Schale mit Blumensamenpäckchen herumgehen als „Hoffnungszeichen, damit die Hoffnung auch in unseren Herzen aufblühen darf“.
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Dann beginnt der Bischof seinen Rundgang durch die Station. Sechs der insgesamt zehn Patientinnen und Patienten haben um einen Besuch gebeten. „Wenn der Prophet nicht zum Berg kommt, kommt der Berg zum Propheten“, scherzt die Frau, die schon in der Andacht war, als der Bischof zu ihr ins Zimmer kommt. Sie wünscht sich ein Gruppenfoto mit Bischof und ihrer Familie, die gerade zu Besuch ist.
Nicht allen Patienten geht es heute so gut. „Heute morgen war mein Vater noch fit und wir haben uns prima unterhalten“, sagt ein Angehöriger und macht Platz am Pflegebett. Der Bischof tritt heran und begrüßt den Mann. Dieser antwortet so leise, dass es kaum zu hören ist. „Die Palliativschwestern haben einen der wichtigsten Berufe, aber auch einen der schwersten“, sagt der Sohn noch zum Abschied. Eine alte Dame reagiert nicht mehr auf Ansprache. Der Bischof hält eine Zeit ihre Hand und segnet sie, während die Tochter ihr sanft über die Wange streicht. Eine andere Frau hatte erst Besuch von ihrer Enkelin, die ihr begeistert vom Kiliani-Gottesdienst für die Kommunionkinder erzählt und auch Bilder gezeigt habe. „Über 1400 Kinder waren da. Das war ein schönes Fest“, sagt Bischof Jung.
„Das ist das zweite Mal, dass ich einem Bischof die Hand gebe. Was möchten Sie wissen?“, wird der Bischof im nächsten Zimmer begrüßt. Er sei von Beruf Dachdecker gewesen, erzählt der alte Herr. Er freut sich sichtlich über den Besuch, scherzt mit dem Personal und mit dem Bischof. Als Bischof Jung ihn segnet, wird er still. Dann lächelt er und erklärt: „Mit dem Segen vom Bischof kann mir doch gar nichts passieren.“
sti (POW)
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