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Dokumentation

„Nicht einfach aufgeben“

Predigt von Bischof Dr. Franz Jung bei der Kiliani-Pontifikalmesse zum 120. Jubiläum am Donnerstag, 11. Juli 2024, im Würzburger Kiliansdom

Liebe Frau Bauer,

liebe Frauen und Mitglieder des KDFB,

„Wir haben seinen Stern aufgehen sehen“

„Wir haben seinen Stern aufgehen sehen“: Unser Jahresmotto passt auch schön für das Jubiläum „120 Jahre Katholischer Deutscher Frauenbund in der Diözese Würzburg“, und das gleich unter mehrfacher Rücksicht. Lassen Sie mich das kurz entfalten.

Den Stern aufgehen sehen heißt, Christus als Retter erkennen

Den Stern aufgehen sehen, heißt zuerst, Christus als Retter zu erkennen. Es ehrt Hanna, die im Neuen Testament als einzige Frau Prophetin genannt wird, dass sie in dem Kind, das die armen Eltern in den Tempel bringen, tatsächlich den Messias erkennt.

Für diese Erkenntnis war Hanna in zweifacher Weise vorbereitet. Einmal biographisch als Witwe mit einem schweren Schicksal, das in ihr die persönliche Sehnsucht nach Rettung wachhielt. Zum anderen aber halfen ihr Fasten und Gebet, im Geiste aufmerksam nach dem verheißenen Retter Ausschau zu halten. Ihr adventliches Ausharren wird nicht enttäuscht. Sie darf tatsächlich den Messias schauen. Wovon sie erfüllt ist, davon kündet sie auch anderen, die auf die Erlösung Israels warteten. Christus kommt als Retter aller Menschen. Das weiß auch Hanna, ohne dass sie noch Konsequenzen daraus zieht für das Los der Frauen.

Den Stern aufgehen sehen heißt, Christus als Retter der Frauen zu erkennen

Den Stern aufgehen sehen, heißt deshalb zweitens, Christus nicht nur als Retter zu bekennen, sondern ihn auch als Retter der Frauen zu erkennen. Das Licht der Erlösung rückt auch die ins Rampenlicht, die es bislang gewohnt waren, im Halbdunkel zu verschwinden. Es sind Persönlichkeiten wie Ellen Ammann und Emy Gordon, die es sich zur Mission machen, die Frauen mit Hilfe des aufgehenden Sterns aus dem Halbdunkel herauszuholen. Überzeugt von der gleichen Würde der Frau und im Wissen darum, dass die Zeit nunmehr überreif ist, beginnen sie aktiv zu werden. Wenn Christus für alle gekommen ist, dann auch für die Frauen, selbst wenn diese Erkenntnis sich noch lange nicht überall durchgesetzt hat.

Den Stern aufgehen sehen heißt, sich als Frauen zu organisieren

Den Stern aufgehen sehen, heißt daher drittens, zur Verfolgung der eigenen Ziele sich verbandlich zu organisieren. Ellen Ammann wie Emy Gordon wussten, dass nur ein Verband die nötige Schlagkraft entwickelt, um den Anliegen der Frauen Gehör zu verschaffen. So gründet die Wahl-Würzburgerin Emy Gordon 1903 in Köln den Katholischen Frauenbund. Nur ein knappes Jahr später erfolgte am 15. April 1904 die Gründung des Würzburger Katholischen Frauenbunds als Zweigverein des Katholischen Deutschen Frauenbunds Köln.

Es war die erste Gründung eines katholischen Frauenbundes auf bayrischem Boden und der Vorläufer des heutigen Diözesanverbandes. Das ist jetzt 120 Jahre her. Herzlichen Glückwunsch zu diesem denkwürdigen Geburtstag! Was Ellen Ammann anlässlich der Gründung sagte, kann bis heute Gültigkeit beanspruchen:

„Nur wer die Zeichen der Zeit gar nicht versteht, wer die Zusammenhänge der wirtschaftlichen und sozialen Bewegung unserer Zeit gar nicht kennt, kann die Notwendigkeit einer katholischen Frauenorganisation leugnen.“

Dass der Verband bis heute Bestand hat, spricht für das Engagement seiner Mitglieder. Noch mehr aber lässt es darauf schließen, dass die Anliegen der Gründungszeit sich noch lange nicht erledigt haben. Vieles, was die Frauen damals umtrieb, harrt bis zum heutigen Tag der Umsetzung - ein Umstand, der nachdenklich stimmt und zeigt, mit welch zähem Ringen und mit vielen Widerständen der Weg gegangen werden musste und muss. Der aufgehende Stern gibt die Kraft, hier nicht einfach aufzugeben, sondern in seinem Licht hoffnungsvoll voranzuschreiten.

Mein Dank geht heute an alle Vorsitzenden und Vorstandsmitglieder, die über die vergangenen Jahrzehnte hinweg die Anliegen des Verbandes hochgehalten und für ihre Umsetzung gekämpft haben.

Den Stern aufgehen sehen heißt, das Licht Christi auf die einzelnen Lebensumstände der Frauen zu werfen

Den Stern aufgehen sehen heißt nunmehr, das Licht Christi auf die verschiedenen Lebensumstände der Frauen und ihre Notlagen zu werfen. Den Gründungspersönlichkeiten wie Ellen Ammann und Emy Gordon ging es anfangs noch darum, den Frauen zu helfen, die ihnen zugedachten traditionellen Rollen in Haus und Kirche als Ehefrau, Mutter und Ordensschwester gut zu erfüllen.

Doch das Licht Christi half ihnen alsbald, den Blick zu weiten. Denn es konnte nicht nur darum gehen, die angestammten Rollen gut zu spielen. Vielmehr zeigte sich, dass Frauen sich nicht festlegen ließen auf die bisherigen Rollenverteilungen. Der Ruf nach Gleichberechtigung drängte sie dazu, den Frauen gesellschaftliche Betätigungsfelder zu erschließen in Gesellschaft, Politik und Kirche. Die Aktion „Frauen.Bilder.Weiterdenken“ nimmt diesen Impuls auf für unsere Tage.

Die damaligen Anliegen sind bis heute aktuell

Blickt man auf die Notlagen der Gründungszeit des KDFB, entdeckt man unschwer Parallelen zu den heutigen Gegebenheiten. In den damaligen „Marianischen Mädchenschutzvereinen“ ging es darum, junge Frauen in Notlagen zu unterstützen. Der Verband „IN VIA“ führt diese Arbeit bis heute fort. Die Gründung der Bahnhofsmission verfolgte das Ziel, junge Mädchen vom Lande in der Großstadt vor Ausbeutung und Menschenhandel zu beschützen. Wer wollte leugnen, dass beides noch immer ein akutes Anliegen darstellt.

Im Blick auf Letzteres ist es nicht uninteressant zu lesen, dass Ellen Amman bereits 1919 die „Vereinigung katholischer Diakoninnen“ gründete. Der damalige Erzbischof von München und Freising, Kardinal Michael von Faulhaber, stand im Übrigen dieser Idee von Beginn an sehr aufgeschlossen gegenüber und ist in den Anfangsjahren der spirituelle Begleiter dieser stets kleinen Gemeinschaft gewesen. Ihr Ziel war es, unverheiratete Frauen im Sinne eines Drittordens zu sammeln, um sozial-caritative Ziele zu verfolgen, den evangelischen Diakonissen wohl nicht unähnlich. Derselbe Kardinal Faulhaber würdigte Ellen Ammann nach ihrem Heimgang als vorbildliche Familienmutter, als unermüdliche Fürsorgerin in jeglicher Volksnot, als weitschauende Führerin der katholischen Frauenbewegung und als treue Diakonin der katholischen Aktion.

Aktuelle Aktionen und Projekte

Der Einsatz von Frauen für Frauen hatte also schon immer eine stark diakonische Komponente. Das zeigt sich auch an den heutigen Aktionen und Projekten, die der KDFB verfolgt. Dazu zählt der „Equal Pay Day“ genauso wie der „Equal Care Day“. Erinnert ersterer an das Anliegen der gleichen Bezahlung von Männern und Frauen für die gleiche Arbeit, so möchte letzterer darauf aufmerksam machen, dass es bis heute vor allem Frauen sind, bei denen die Care Arbeiten hängen bleiben.

Besonders dankbar bin ich Ihnen für Ihren Einsatz zum Erhalt des Paragraphen 218. Sie treten zum Erhalt dieses Paragraphen ein aus dem Wissen, dass die Balance zwischen dem Selbstbestimmungsrecht der Frau und dem Lebensrecht des Ungeborenen nicht einseitig aufgelöst werden kann. Ich hoffe, dass unser gemeinsames Eintreten in dieser Sache auch den gewünschten Erfolg zeitigen wird zum Wohl der Frauen, die sich oftmals in schwierigen Notlagen befinden.

Einsatz im Bistum, der Caritas und den Gemeinden

Jeder, der die Mitglieder des KDFB kennt, weiß, dass sie sich in vielerlei Hinsicht engagieren. Mein ausdrücklicher Dank geht an all die Lektorinnen, Kommunionhelferinnen und Wortgottesbeauftragten in unseren Gemeinden; an all die Frauen, die als Mütter oder Katechetinnen sich engagieren in der Sakramentenvorbereitung zur Erstkommunion und Firmung. Unter den Beauftragten für den Beerdigungsdienst war bislang die Mehrzahl Frauen, die sich aufgrund ihrer beruflichen Erfahrung oder ihrer persönlichen Betroffenheit für diesen wichtigen Dienst entschieden haben.

Nicht vergessen sein soll das große Engagement der Frauen in den pfarrlichen und diözesanen Gremien wie in den Dienststellen des Ordinariates, der Caritas und der Pfarrbüros. Auch die zahllosen (Vor-)Beterinnen in den Pfarreien seien heute erwähnt, die in ihren Gebeten und Fürbitten viele Menschen und die Anliegen unserer Kirche vor Gott tragen. Dafür gebührt Ihnen mein aufrichtiger Dank.

Ob und inwieweit die neuerliche Diskussion um einen „Diakonat der Frau“ weiterführen wird, bleibt abzuwarten. Das Hin und Her der vergangenen Monate im Blick auf eine Behandlung des Themas bei der Weltsynode hat viele Frauen verständlicherweise verärgert. Umso überraschender war vorgestern die Meldung, dass der Vatikan ein offizielles Dokument vorbereitet, das kirchenrechtliche und theologische Grundsatzfragen zum Thema "spezifische kirchliche Ämter" klären soll. Dazu gehört offenbar auch die Frage nach der "notwendigen Beteiligung der Frauen am Leben und an der Leitung der Kirche". Das lässt zumindest aufhorchen. Man darf der Veröffentlichung des Dokuments mit Spannung entgegensehen.

Unabhängig davon sei all den Frauen gedankt, die sich für Frauen in Notsituationen einsetzen in Besuchsdiensten, in der Nachbarschaftshilfe, in der Integrationshilfe für Menschen mit Migrationshintergrund, der Unterstützung von Strafentlassenen und den vielen Pflegeberufen. Das Motto von Ellen Ammann „nicht reden, sondern handeln“ gewinnt durch ihren diakonischen Dienst neue Aktualität und Glaubwürdigkeit. In dieser gelebten Nächstenliebe geht über uns sein Stern auf und leuchtet weithin allen Notleidenden und Hilfebedürftigen, wie schön!

Wir haben seinen Stern aufgehen sehen

Liebe Frauen und Mitglieder des KDFB,

Seit der Gründung des KDFB vor 120 Jahren ist viel passiert zur Verbesserung der Lage der Frauen. Ich wünsche Ihnen heute von Herzen, dass sie seinen Stern weiterhin aufgehen sehen. Ihr unermüdlicher Einsatz dafür, Benachteiligungen von Frauen abzubauen, um deren Lebensbedingungen zu verbessern und eine gleichberechtigte Teilhabe und Mitwirkung in allen Lebensbereichen zu erreichen, erstreckt sich nicht nur auf den Binnenraum der Kirche. Als Verband verbessern sie damit die Lage vieler Frauen in der Gesellschaft insgesamt und übernehmen so eine anwaltschaftliche Funktion. Auch dafür möchte ich Ihnen heute von Herzen danken.

Möge das Licht des guten Sterns auch weiterhin über dem Verband und allen seinen Mitgliedern leuchten. Dann gehen wir unseren Weg aus dem Dunkel in Sein Licht. Dazu begleite Sie alle in den kommenden Jahren der gute Gott mit seinem reichen Segen.

Amen.