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„Sie halten den Kopf für andere hin“

Predigt von Bischof Dr. Friedhelm Hofmann bei der Pontifikalvesper zum Tag der Notfallseelsorge, Rettungsdienste, Polizei und Feuerwehr am Mittwoch, 11. Juli 2007, im Kiliansdom

„Die Freude an Gott ist unsere Stärke“ (vgl. Neh 8,10) steht als Grundmotiv über dieser Kiliani-Festwoche. Wir freuen uns über das Glaubens- und Lebenszeugnis dieser irischen Wandermönche, die im 7. Jahrhundert den Glauben in das Frankenland gebracht und vertieft haben. Für ihre Glaubensüberzeugung habe sie den Tod auf sich genommen und im wahrsten Sinne des Wortes ‚ihren Kopf hingehalten’.

Liebe Schwestern und Brüder bei den Rettungsdiensten, der Polizei und Feuerwehr,

auch Sie halten oft Ihren Kopf für andere hin, leisten wertvolle Dienste für die Gemeinschaft und finden dabei nicht immer Dank und Unterstützung.

Vor wenigen Tagen stand in einer Tageszeitung unter dem Titel „Einfach nur da sein“: „Bilder des Grauens, Schreckensszenarien, extreme Stresssituationen an Einsatzorte – für Rettungskräfte sind sie beinahe Alltag. Von einer Traumatisierung der als ‚harte Burschen’ geltenden Feuerwehr- oder Polizeikräfte sprach kaum jemand. Bis zur Einführung der freiwilligen Notfallseelsorge. Bloß: Wie geht ein Notfallseelsorger selbst mit eingebrannten Bildern um?“

Es ist für Sie alle nicht einfach, zu Einsätzen gerufen zu werden, die immer mit großen Schwierigkeiten, wenn nicht gar mit Katastrophen verbunden sind. Die Notfallseelsorger stehen ebenfalls wie viele andere von Ihnen unter Stress, wenn ständige Rufbereitschaft angesagt ist. Ein Betroffener sagte: „Der Puls steigt. Welche Situation einen erwartet, weiß man nicht. Nur so viel: Es geht um Menschen.“

Und am Einsatzort: „Das Wichtigste und das Schwerste sind meist nicht Worte. Ein stummes in den Arm Nehmen. Einfach da sein, die Stille, das Schweigen, das Furchtbare gemeinsam aushalten. Praktische Aufgaben übernehmen, zum Beispiel weitere Angehörige informieren.“

Gerade das ist aber sehr schwierig. Wie soll der Notfallseelsorger, der Polizist oder wer immer die Todesnachricht den Hinterbliebenen überbringen muss, dies angemessen tun? Für die Hinterbliebenen bricht oft eine Welt zusammen. Ohnmacht, Wut oder Verzweiflung äußern sich auf sehr unterschiedliche Art.

Liebe Schwestern und Brüder,

Ihre Arbeit für die Gesellschaft ist unbezahlbar. Sie stehen da bereit, wo es – oft auch im wörtlichen Sinne – brennt und riskieren manchmal selbst Ihr Leben. Dafür schulden wir Ihnen unseren Dank und nehmen diesen in diesem Gottesdienst mit vor das Angesicht Gottes.

Mit Dankbarkeit dürfen wir auch auf die oft im Stillen geleistete Hilfe der bayerischen Bahnhofsmissionen schauen, in deren 14 kirchlich getragenen Einrichtungen allein im letzten Jahr (2006) 165.000 Menschen Hilfe gesucht habe. Das war ein gutes Drittel mehr als 2005. 736.000 Mal leisteten die Mitarbeiterinnen in kleinen wie in wichtigen Angelegenheiten Hilfe. Eine Mitarbeiterin sagte: „Neben Menschen in akuter Not werden die Hilfesuchenden mit psychischen Belastungen, Depressionen und Ängsten immer mehr. Für viele von ihnen sind wir sozusagen ihr Notanker.“ Besonders alarmierend ist die Tatsache, dass die Hilfesuchenden immer jünger werden. 2006 brauchten doppelt so viele Jugendliche wie noch im Jahr zuvor Hilfe.

Auch auf unsere Familien ist verstärkte Aufmerksamkeit zu richten. Eine Tageszeitung: „ Nach Schätzungen werden in Deutschland fünf bis zehn Prozent aller Kinder unter sechs Jahren vernachlässigt. Die Anzeigen wegen Vernachlässigung oder Misshandlungen von Kindern haben sich seit 1990 fast verdreifacht – auch eine Folge zunehmender Aufmerksamkeit bei diesem Thema.“

Es ist sicherlich erlaubt, die Frage zu stellen, ob mit der Abnahme des Glaubens in der Gesellschaft nicht die hier angesprochenen Probleme zunehmen. Wenn der Mensch seine innere Anbindung an Gott verliert, dann verliert er den eigenen Lebensgrund. Worauf kann er ohne Gott bauen? Wie kann ein Mensch die vielen Probleme im Leben durchstehen, wenn er sich selbst nicht in der liebenden Hand Gottes weiß?

Deshalb wurde über diese Kiliani-Wallfahrtswoche der Leitsatz gestellt: „Die Freude an Gott ist unsere Stärke.“ (Vgl. Nem. 8,10). Vor 2400 Jahren hat der Statthalter Nehemia das aus der babylonischen Gefangenschaft zurückgekehrte Volk in Jerusalem an den Bundesschluss zwischen Gott und Moses erinnert und es aufgefordert, sich bewusst darüber zu freuen. Wir mögen oft im Leben gebeutelt werden, aber durch Gottes Nähe, durch Sein Dabeisein, sind wir nie und nimmer verloren. Für uns Christen hat sogar der Tod seinen Schrecken verloren, weil wir an die Auferstehung und Vollendung unseres Lebens in Gott glauben dürfen. Darum gilt auch für uns uneingeschränkt: „Die Freude an Gott ist unsere Stärke.“ Amen.

(2907/1066)